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StephanMitglied
Am „geilsten“ fand ich in der Folge noch was Paulie zu Tony gesagt hat, als alle im Soprano-Haus sind, nach dem Unfall:
(aus dem Gedächtnis)
„Ich habe ihn doch geliebt, aber ich habe ihn zuletzt immer nur wegen dem Geld fertig gemacht.
Und hab ihn immer angeschissen, wenn er ein Glas Wein trinken oder sich eine Line Koks reinziehen wollte.“
Nach dem ersten Satz dachte ich: wow, Paulie checkt das wenigstens noch? Und dann der zweite Satz
Gerade Paulie, der keine Situation ausgelassen hat Chris mitzuteilen was er davon hält dass er keinen Alkohol mehr trinktWoran macht ihr eigentlich fest das Christopher stoned war im Auto? Auf mich wirkte er eigentlich ziemlich normal. Die Aktion die Tony so verwundert ist ja als er das Radio hochdreht nachdem Tony sagt dass Phil ein Arschloch ist, dass sich alles nehmen wird wenn man ihm den kleinen Finger gibt. Chris hat sich schon genauso über Tony geäußert (natürlich nicht vor Tony) ich glaube das auch in seinem Film diese Worte fallen. Ich denke das Chris deshalb das Radio hochgedreht hat, weil er diese Diskussion wohl einfach nicht führen konnte. Und Tony hat so reagiert weil er schon früher Chris unter Verdacht hatte so zu denken (wegen Ad). Naja so habe ich das zumindest gedeutet.
StephanMitgliedTony ist ein Charakter der nicht einfach zu verdauen ist.
Ich habe die Staffen mit 18 zum ersten mal angesehen, das war vor 8 Jahren. Vor ein paar Wochen habe ich wieder damit angefangen und bin jetzt durch.Mit 18, als ich eben noch ein Jugendlicher war fand ich Tony zwar teiweise furchtbar aber es gab auch immer wieder Szenen in denen ich ihn sympathisch fand und in denen ich mit ihm mitgefiebert habe.
Beim zweiten Durchlauf dann, also heute mit 26, gab es keine Szenen mehr in denen ich Tony sympathisch fand. Ich fand es zwar unheimlich unterhaltend wenn Tony mal wieder durchgedreht ist aber sowas wie Sympathie konnte ich für ihn eben nicht mehr entwickeln.
Soziopathen sind alle aus Tony’s Bande, ich kann mich aber nicht entscheiden ob Tony oder ein Typ wie Phil schlimmer ist. Ich tendiere zu Tony. Bei Phil kann ich noch so etwas wie Mitleid entwickeln, weil er eindeutig geisteskrank ist, d.h. er leidet wohl unter ein Art geistiger Umnebelung die ihn daran hindert „die Dinge klar zu sehen“. Die Sache mit Tony B und seinem Bruder war ein gutes Beispiel für eine völlig krankhafte Fixierung. Auch die Sache mit Vito…so furchtbar sich Phil auch verhalten hat…Phil hatte zumindest noch so etwas wie Ideale an die er geglaubt hat (natürlich ist völlig klar, dass diese Ideal absolut widerlich sind).
Was Tony so grausam macht ist sein Pragmatismus. Was Tony tut, tut er aus eiskalter Berechnung heraus. Er hat keinerlei Ideale. Die Krokodilstränen für die von Ralphi erschlagene Nutte deute ich zwar schon als Mitgefühl, aber so wirklich schlimm fand er es sicher nicht. Eher war da noch eine Portion Wut mit dabei weil Ralphi eine Frau getötet hat die er gef**** hat.
Die anderen Charaktere bei den Sopranos sind eben anders als Tony. Psychopathen sind wie gesagt alle, aber während Typen wie Paulie, Christopher und Syl in meinen Augen nur wilde Tiere sind ist Tony derjenige der sie an der Leine hält und sie berechnend auf unschuldige Menschen hetzt.
Nach dem „zweiten Durchlauf“ durch die Sopranos bin ich auch mit meinem Urteil über die Serie deutlich kritischer. Früher war es wohl meine Lieblingsserie, jetzt ist sie das nicht mehr. Ich kritisiere, dass das Gangsterleben glorifiziert wird. Das ist der klassische Kritikpunkt der an Mafiageschichten grundsätzlich geäußert wird und ich stimme zu. Um es kurz zu machen: In „Die Sopranos“ wird das Bild vermittelt das nur Mitglieder der Mafia „echte Männer“ seien. Die geringeren Schichte der Gesellschaft werden als wertlose arme Würstchen dargestellt, die von den harten Mafiajungs herumgeschubst werden und sich nicht wehren können (z.B. der Gärtner der die Rasen mäht oder Artie Bucco). Die Intellektuellen hingegen als absolute Waschlappen, die insgeheim gerne so stark und cool wären wie die Gangster, dafür aber einfach zu weich sind (dabei denke ich an die Männer um Dr. Melfie, Christopher’s Schriftstellerfreund oder auch den Abgeordneten, der von Tony mit einem Gürtel verdroschen wird) und letztlich eigentlich immer am kürzeren Hebel sitzen.
Die Gangster bekommen alles was sie möchten, die anderen schauen nur zu und wären insgeheim am liebsten so wie sie.
Das vermittelte Frauenbild ist keineswegs besser. Alle schönen Frauen stehen auf Gangster, Punkt. Wenn man ein Gangster ist ist es egal ob man hässlich wie die Nacht ist, jede Frau wird sich innerhalb kürzester Zeit für einen ausziehen, egal ob glücklich verheiratet oder nicht. Frauen werden erregt dabei wenn sie sehen wie ein starker Macker einen schwächeren verprügelt. Das Frauenbild das vermittelt wird ist fatal. Damit man mich nicht falsch versteht: Natürlich stehen Frauen tendenziell eher auf männliche Männer anstatt auf Heulsusen, aber keine erwachsene Frau, die nicht enorme seelische Problem hat, steht auf Typen wie Tony oder Christopher.Um ehrlich zu sein: Beim zweiten Durchlauf durch die Serie habe ich so langsam realisiert wie schlecht es war, dass ich mir das mit 18 angesehen habe. Obwohl ich auf dem Papier volljährig war, war ich emotional eben doch noch zu unreif um das Gesehene als das einzuordnen was es ist: Eine rein fiktive Geschichte, die unterhalten soll und die nie den Anspruch erhebt die Realität darzustellen. Es hat Jahre gedauert bis ich endlich festgestellt habe, dass ein gutherziger Mann, der kein Arschloch ist, nicht automatisch ein Waschlappen ist (wie in Sopranos dargestellt) und das sich die wenigsten Frauen von soziophatischen Männern angezogen fühlen…ja noch nicht einmal von Machos. Es klingt wirklich unheimlich spießig und ich hätte nie gedacht dass ich so etwas mal sage, aber ich gebe Medienerzeugnissen wie Sopranos die entscheidende Mitschuld daran, dass sich viele junge Männer zwischen 18 und 23 in einer enormen Identitätskrise befinden.
Der Serie halte ich zu Gute dass Tony nicht uneingeschränkt glorifiziert wird, wie es in anderen Mafiafilmen manchmal vorkommt. In der Serie wird konsequent immer wieder klar gemacht dass Tony ein Psychopath ist, der nichtmal davor zurück schreckt z.B. Familienangehörige zu ermorden…und der dabei keinerlei Schuld empfindet. Das er in manchen Szenen menschlich gezeigt wird liegt halt daran, dass er halbwegs realistisch dargestellt wird. Niemand ist nur böse, sein Leben wäre sonst recht einsam und langweilig…Selbst von Adolf Hitler gibt es Dokumente und Filmschnipsel die zeigen wie er freundschaftlich und fürsorglich mit Angehörigen oder Mitarbeitern umgeht…
Ich denke mir Menschen reagieren mit Sympathie auf Tony weil wir es aus der Literatur eigentlich noch schlimmere Charaktere gewohnt sind. Der Bösewicht in Actionstreifen wird ja für gewöhnlich als 1-dimensional böse dargestellt. Oder Jack Nicholson in Departed, auch von dem wird nie eine menschliche Seite gezeigt.
Nur haben solche Filme oder Bücher überhaupt nichts mit der Realität zu tun, Charaktere wie Tony Soprano hingegen gibt es aber leider tatsächlich im echten Leben.2. März 2014 um 18:05 Uhr als Antwort auf: 6×21 – Die Sopranos schlagen zurück | Made in America #482860StephanMitglied@Burning 578784 wrote:
Ich finde das Ende nach wie vor nicht offen #hm#
Kann sein dass ich da einfach zu viel hinein interpretiere, aber jedes Mal wenn jemand zur Tür ins Diner kommt klingelt die Glocke, Tony schaut auf, dann kommt sein Point of View auf die Türe und man sieht denjenigen reinkommen. Das passiert so drei oder vier mal. Dann kommt Meadow über die Straße gerannt, Glocke klingelt, Türe geht auf, schwarz. Nur dass es halt nicht ausgeblendet wurde, sondern auch wieder Tonys POV ist. Nur kann er nichts mehr sehen, weil er von hinten erschossen wurde. Deswegen endet auch die Musik so abrupt. Er kann sie ja schließlich nicht mehr hören.Interessante Theorie! Überzeugt mich allerdings überhaupt nicht.
Ich denke nicht dass das Ende so zu verstehen ist, dass dort irgendetwas wichtiges passiert, dass der Zuschauer aber aufgrund der Kameraführung nicht mitbekommt. Den harten Schnitt als Kopfschuss zu deuten finde ich etwas zu weit hergeholt.
In der ganzen Serie wurde immer und immer wieder wiederholt, dass Tony früher oder später entweder vom FBI geschnappt oder erschossen wird („nichts währt ewig“). Durch die Spannung die in der letzten Szene erzeugt wird soll dem Zuschauer klar gemacht werden, dass das Ende von Sopranos das genaue Gegenteil von einem „und sie lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage“-Ende ist.
Carmela hat ein paar Folgen zuvor noch folgendes formuliert: Über Tonys Kopf baummelt ein gigantischer Felsbrocken an einem Faden. Der Faden kann jede Sekunde reissen und es kann alles mögliche sein. Er kann vom FBI verhaftet werden, er kann erschossen werden, es könnte einfach nur ein Herzinfarkt sein. Es könnte sogar sein, dass Tony erst im Alter von 80 Jahren an Carmelas Seite eines natürlichen Todes stirbt. Sicher ist nur eines: Den Felsbrocken über seinem Kopf wird er niemals loswerden. Selbst im Altersheim wird er noch fürchten müssen dass das FBI irgendeine alte Leiche in seinem Keller ausgräbt oder das irgendein Psychopath vom Schlage eines Phil’s auftaucht und entscheidet ihn aus Rache zu töten. Tony’s Leben wird sich niemals beruhigen. Selbst bei so etwas alltäglichem wie einem Restaurantbesuch mit seiner Familie ist der Felsbrocken über seinem Kopf allgegenwertig.Selbst wenn etwas konkretes in dem Restaurant der Schlussszene passieren sollte würde ich gerade nicht Tony’s Tod, sondern wenn dann seine endgültige Verhaftung sehen. Dafür gebe es sogar Hinweise, für die Tony-wird-ermordet-Theorie mit Ausnahme des harten Schnitts ganz am Ende gar keine, dennn das geschäftliche ist nach Phil’s Tod geklärt. Phil’s Leute sind froh dass sie jetzt wieder ihren Geschäften nachgehen können und das sie den verrückten Phil los sind.
Dafür dass Tonys Reise jetzt hingegen vom FBI beendet wird sprechen gleich mehrere Dinge:
1.) Sein Anwalt erzählt ihm noch ein paar Minuten zuvor, dass eine große Anklage bevorsteht.
2.) Carlo ist übergelaufen. Wenn Carlo aussagt ist das genug um Tony auf ewig hinter Gitter zu bringen.
3.) In dem Restaurant gibt es gleiche mehrere auffällige Personen, die sich um Tony herum postieren. Bei einem Mafiamord waren nie mehrere Personen beteiligt. Das lief immer so ab dass zwei Personen reinkamen, schoßen und wieder verschwanden. Eine Verhaftung hingegen liefe genau so ab: Erst mehrere Fahnder unauffällig um ihn herum postieren, dann zu guter letzt betreten ein paar FBI Agenten in Uniform das Restaurant mit einem Haftbefehl. Die Zivilfahnder hindern ihn an der Flucht.Zuletzt noch das stärkste Argument:
4.) Das Verhalten von Dwight Harris (der FBI Agent, der Tony den Aufenthaltsort von Phil verrät). Warum glaubt ihr sollte er das denn getan haben? Nachdem er von Phil’s Tod hört sagt er: „Ja! Wir werden das Ding gewinnen!“. Da sehe ich nur eine logische Erklärung die zu seinem früheren Verhalten passt: Gegen Tony steht eine Anklage mit nahezu sicherer Verurteilung ganz kurz bevor. Für die Agenten, die diese Anklage über zig Jahre hinweg aufgebaut haben müsste sein Tod kurz vor Anklageerhebung so ziemlich die größt-mögliche Enttäuschung darstellen, denn die ganze Arbeit war für die Katz. Deshalb konnte Harris der Versuchung Tony unbeschadet durch den Krieg mit Phil zu lotsen nicht widerstehen.
Ich weiß, dass Harris (zumindest offiziell) nicht mehr an dem Fall arbeitet, aber er war lange maßgeblich an der Arbeit gegen Tony beteiligt und das legt man ja nicht einfach so ab. Die andere Erklärung, dass er irgendeine komische Form der Sympathie für Tony und seine Bande entwickelt hat halte ich für total unwahrscheinlich.Also Fazit: Das wahrscheinlichste in der Schlussszene wäre Tonys Verhaftung. Da dies nicht passiert ist sagt das Ende schlicht aus: Das hier ist kein: „Und sie lebten glücklich und zufrieden bis an Ende ihrer Tage“.
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